Projekt Helvetikum
News & Aktuelles
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Historische Stücke aus dem Helvetikum und "verwandten" Sedimenten
Published 21-02-2021 by A. M. Heyng, last update
01-07-2021
Handstück mit diversen Großforaminiferen, unter anderem mit Nummulites, von der kroatischen Insel Krk ("Insel Veglia") in Istrien, Quarner Bucht; Länge etwa 7 Zentimeter.
Inventar-Nummer 956, Lehrsammlung des einstigen "Königlichen Schullehrer-Seminars Eichstätt";
wiss. Slg. amh-Geo.
"Clypeaster conoideus", korrekt benannt Conoclypus conoideus, vom Kressenberg; Durchmesser etwa 11 Zentimeter.
Inventar-Nummer 1155, Lehrsammlung des einstigen "Königlichen Schullehrer-Seminars Eichstätt";
wiss. Slg. amh-Geo, Inv.-Nr. 02987.
Historischer Fund von "Conus giganteus", korrekt benannt Gisortia gigantea, wahrscheinlich aus dem "Roterz" vom Kressenberg; Länge des Steinkerns etwa 9 Zentimeter.
Inventar-Nummer 1154, Lehrsammlung des einstigen "Königlichen Schullehrer-Seminars Eichstätt";
wiss. Slg. amh-Geo
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Aus dem Archiv von geomnia
Published online 19-12-2017 by A. M. Heyng, last modified 20-01-2022
Pyrit-Framboide als Verfüllung von perlschnurartig aufgereihten Gängen eines Bohschwamms (Cliona?), auf einem Pyritsteinkern einer unbestimmten Muschel aus dem Spirka Member ("Schwarzmergel") der Adelholzen Formation; Zementsteinbruch Rohrdorf.
Aufnahmen mit fortschreitender Vergrößerung (siehe Maßstab im unteren Bildbereich).
Aufnahmen einer stabförmigen Foraminifere aus dem Spirka Member (gleicher Fundort wie oben) mit aufgewachsenen Aragonit-"Sonnen".
Aufnahmen mit fortschreitender Vergrößerung (siehe Maßstab im unteren Bildbereich).
REM-Serienaufnahmen einer unbestimmten Foraminifere aus dem Spirka Member (Adelholzen Formation, Ob. Eozän; Traunprofil von Siegsdorf) mit aufgewachsenen Mineralen, unter Anderem Aragonit-Nadeln.
Aufnahmen mit fortschreitender Vergrößerung (siehe Maßstab im unteren Bildbereich).
(Alle Aufnahmen: Heyng 2006 / ZEISS EVO 60)
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Eine "Grabung besonderer Art"
Published 29-07-2020 by A. M. Heyng, last update
04-05-2021
Eine Fossiliensammlung "eine zweites Mal" auszugraben ist auch für mich etwas sehr Besonderes - zumal die Sammlerin Hilda Steinbacher aus Berchtesgaden vielen Sammlerkollegen und Wissenschaftlern sehr gut bekannt und Ihre Sammlung legendär war (und ist). Nach ihrem plötzlichen Tod im Jahre 1993 musste die umfangreiche Sammlung in einer Notlage 2007 in den Garten "ausgelagert" werden - wo sie bis heute lag.
Im Folgenden ein paar Eindrücke von den Ausgrabungen der Sammlung:
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Im Zentrum des Interesses von Hilda Steinbacher standen jahrelang die Korallen des Helvetikums, von denen sie eine sensationelle Sammlung von vielen Lokalitäten des Salzburger Landes, Bayerns und
der Schweiz zusammentrug. Ein Korallen-Spezialist lehnte jedoch Ihre Anfrage zur Bearbeitung "wegen Zeitmangels" (Zitat von Frau Steinbacher) ab. Und da sie mit dem Linnéschen System nicht
vertraut war, erschuf sie kurzerhand ein eigenes Ordnungssystem, kategorisierte und bezeichnete ähnlich gebaute Korallen-"Arten" nach dem "äußerlichen Erscheinungsbild". Als Beispiele seien hier
die Bezeichnungen "Herzchenkorallen", "Sternchenkorallen" oder "Wedelkorallen" genannt. Unzählige Funde - viele hundert Stücke aller Größen müssen es wohl gewesen sein - wurden erst von Hilda in
Handarbeit angeschliffen (siehe Beispiele unten), dann präzise beschrieben und schließlich in Gruppen zusammengefasst. Mit dieser Fleißarbeit gelang Hilda Steinbacher der erste Nachweis einer
äußert formenreichen Korallenfauna im Helvetikum, die damals den einschlägigen Wissenschaftlern völlig unbekannt war und bis heute unbearbeitet ist (aktuelle Notiz: derzeit laufen Arbeiten an
Korallen-Material vom Kressenberg an der Bayerischen Staatssammlung in München).
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Alle Ergebnisse zu Ihren Korallen hielt Hilda Steinbacher darüber hinaus in einem umfangreichen, zweibändigen Werk fest, auf Schreibmaschine getippt, mit vielen Photos und eigenen Zeichnungen.
Und wem die Bezeichnungen "Herzchenkorallen" etc. kindisch und/oder unwissenschaftlich erscheinen, der sollte diese Aufzeichnungen erst lesen - und wird dann beruhigt sein: Hilda beobachtete
äußerst genau (im Gelände wie auch bei der Präparation & Bestimmung), wertete wissenschaftlich aus und machte sich eigene Gedanken - vorbildlich in vielerlei Hinsicht. Als Autodidaktin musste
sie - zumal ohne Hilfe von fachlicher Seite - eigene Wege gehen, um weiterzukommen, und das tat Hilda Steinbacher mit Leib und Seele.
Ich danke der Familie Steinbacher herzlich für Ihr Vertrauen sowie die Erlaubnis, die unveröffentlichten Manuskripte von Hilda Steinbacher wissenschaftlich auswerten und veröffentlichen zu dürfen. Bis die umfangreichen Dokumente gescannt und aufbereitet sind, sollen auszugsweise ein paar ausgewählte Seiten Ihrer Arbeiten vorgestellt werden.
Unveröffentlichte Manuskripte
Veröffentlichungen von Hilda Steinbacher
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Aus dem Archiv von geomnia
Die Riesenauster Pycnodonte gigantica (SOLANDER in BRANDER, 1766)
Published online 08-07-2009 by A. M. Heyng, last modified 14-01-2022
Pycnodonte gigantica (SOLANDER in BRANDER, 1766) gehört zu den häufigsten Fossilien flachmariner Gesteine des europäischen Eozäns. Auch im alttertiären Helvetikum Oberbayerns ist diese Auster als "Charakterfossil" von Aufschlüssen in Bad Tölz über Bad Adelholzen bis hinein ins Salzburger Helvetikum bekannt.
Die Gattung Pycnodonte war ein ausgesprochener Flachwasserbewohner. An diesen Lebensraum mit hoher Wasserenergie war sie hervorragend angepasst. Zum einen bildete diese "Riesenauster" stets sehr derbe, dicke und schon alleine dadurch widerstandsfähige Schalen aus. Ein zweiter Grund für die hohe Stabilität liegt im internen Feinbau, der erst im Dünnschliff sichtbar wird (siehe Bild 3, Vergrößerung ca. 30X): Deutlich zu sehen sind zwei unterschiedliche Schalenstrukturen im wiederholten Wechsel - wie im Fachwerkbau: Ein Gerüst aus dünnen Lamellen, das durch blasige Hohlprismen ausgefüllt wird. Diese Hohlprismen, heute mit sparitischem Calcit gefüllt, waren einst - wie der Name besagt – hohl und dienten als Luftkammern. Hierdurch wurde Material und somit nicht nur Energie beim Bilden der Schale sondern - schlicht und ergreifend - auch Gewicht gespart.
Pycnodonte gigantica war – zumindest juvenil – mit der linken, stärker gewölbten Klappe an ein Hartsubstrat festgewachsen. Mit fortschreitendem Wachstum wurde Pycnodonte selbst zum Hartgrund für inkrustierende Organismen: Juvenile Austern und Spondyliden ("Stachelaustern") wuchsen auf, Serpeln ("Röhrenwürmer") und Bryozoen ("Moostierchen") besiedelten die Schalen. Auch bohrende Organismen wie die Bohrmuschel Lithophaga oder Bohrschwämme (Cliona sp.) siedelten in der Schale und förderten durch ihre Aktivitäten den Abbau des Gehäuses (= Bioerosion).
Literaturauswahl
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Innenansicht einer Klappe von Pycnodonte gigantica vom Betriebsgelände der Adelholzener Alpenquellen, Bad Adelholzen.
(Photo Skopp 2008)
Aussenseite einer Klappe von Pycnodonte gigantica aus dem Höllgraben von Bad Adelholzen. (Photo Skopp 2008)
Der Schalenfeinbau von Pycnodonte gigantica im Dünnschliff. (Photo Heyng 2008)
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Eine persönliche Kopie
Published 06-07-2020 by A. M. Heyng, last update
19-03-2021
Ein beeindruckender Gruß aus einer vergangenen Zeit, in der Kopierer, geschweige denn Scanner und das PDF, noch nicht alltäglich waren: Zum einen kunstvolle Bleistift-Nachzeichnungen der Tafeln von Loriol 1875, einem Grundlagenwerk über die Seeigel des Eozäns, das auch heute noch durchaus nützlich und lesenswert ist. Zum anderen sorgsam ausgeführte Abzeichnungen der Tafeln des berühmten Werkes von Schafhäutl aus dem Jahre 1863 über die "Petrefacten" des Kressenberges und südlich gelegener Gebiete. Zweck der mühsamen Arbeit war wohl die Anfertigung einer persönlichen Kopie des jeweiligen Werkes zur Bestimmung der eigenen Funde.
Zeichner war der bekannte Fossiliensammler Alfred Holinka (1913 - 1978), der - gemeinsam mit seinem Sohn Heinz - bis zu seinem Tod "in die Steine ging". Die Funde der dabei zusammengetragenen, umfangreichen Sammlungen wurden meist hervorragend präpariert, inventarisiert, und großteils auch nach der gängigen Fachliteratur bestimmt. Jedes Stück wurde mit Fundort und Datum versehen sorgsam in Schächtelchen oder Gläschen aufbewahrt.
Teile der Sammlung Holinka werden heute in der Bayerischen Saatssammlung in München sowie im Naturmuseum Augsburg verwahrt. Sammlungen eozäner Fundorte, die erhaltenen Teile der Sammlungs-Dokumentation sowie auch die originalen Handzeichnungen (Bleistift auf Pergamentpapier) der zwei genannten Werke werden im wissenschaftlichen Archiv von amh-Geo aufbewahrt.
Diese eindrucksvollen Dokumente sind es wert, veröffentlicht und der Allgemeinheit zugänglich gemacht zu werden, was hiermit erfolgt (publiziert in der Reihe documenta naturae. Quellen & Supplemente - ISSN (Online) 2747-8955) - der Download (Format pdf) ist open access.
Literatur
Loriol, P. de (1875): Déscription des échinides tertiaires de la Suisse. - Mem. Soc. paléont. suisse, II/5, III/1; Genève.
Schafhäutl, K. (1863): Süd-Bayerns Lethaea geognostica. Der Kressenberg und die südlich von ihm gelegenen Hochalpen geognostisch betrachtet in ihren Petrefacten. - XVII + 487 S., 46 Abb.,86 Taf., 2 Karten, 1 Tab., Leipzig (L. Voss).
documenta naturae. Quellen & Supplemente 2 (2021) 1 - 18
Published & available online 20 March 2021
Nachzeichnungen der Tafeln des Werkes: Loriol, P. de (1875): Déscription des échinides tertiaires de la Suisse. - Mem. Soc. paléont. suisse, II/5, III/1;
Genève.
gezeichnet durch
Alfred Holinka (19.9.1913 - 18.5.1978)
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documenta naturae. Quellen & Supplemente 1 (2021) 1 - 48
Published & available online 14 March 2021
Nachzeichnungen der Tafeln des Werkes: Schafhäutl, K. (1863): Süd-Bayerns Lethaea geognostica. Der Kressenberg und die südlich von ihm gelegenen Hochalpen
geognostisch betrachtet in ihren Petrefacten. - XVII + 487 S., 46 Abb.,86 Taf., 2 Karten, 1 Tab., Leipzig (L. Voss).
gezeichnet durch
Alfred Holinka (19.9.1913 - 18.5.1978)
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Aktuelle Publikation
documenta naturae communications - 2 (2019) 9-43
Kommentierte Checkliste der Wirbeltiere aus dem Eozän des Haunsberges bei Sankt Pankraz (Salzburger Land, Österreich)
von Hans-Volker Karl & Gottfried Tichy
Abstract: A first checklist of the vertebrates from the Lower and Middle Eocene (Ypresium-Lutetium) layers of the Haunsberg near Sankt Pankraz includes the soft shelled turtle Rafetoides messelianus (Reinach, 1900), the sea turtles Puppigerus camperi Cope 1870 and Tasbacka salisburgensis (Karl, 1996), the leatherback turtle Arabemys crassiscutata Tong et al. 1999, the large land tortoise Eochersina steinbacherae (Karl, 1996), the crocodile Diplocynodon cf. hantonensis (Wood, 1846), the tapir-related Lophiodon cf. occitanicum Cuvier, 1821-22, the old horse Propalaeotherium voigti (Matthes, 1977) and the old whale Togocetus aff. traversei Gingerich & Cappetta, 2014.
Keywords: Vertebrates, fishes, turtles, crocodiles, mammals, Eocene, Ypresian-Lutetian, Haunsberg, Austria, checklist.
Kurzfassung: Eine erste Checkliste der Wirbeltiere aus den eozänen Schichten des Haunsberges bei Sankt Pankraz (nördlich Salzburg, Österreich)
erbrachte die Weichschildkröte Rafetoides messelianus (Reinach, 1900), die Seeschildkröten Puppigerus camperi Cope 1870 und Tasbacka salisburgensis (Karl, 1996), die
Lederschildkröte Arabemys crassiscutata Tong et al. 1999, die große Landschildkröte Eochersina steinbacherae (Karl, 1996), das Krokodil Diplocynodon cf.
hantonensis (Wood, 1846), den Tapir-Verwandten Lophiodon cf. occitanicum Cuvier, 1821-22, das Urpferd Propalaeotherium voigti (Matthes 1977) sowie den Altwal
Togocetus aff. traversei Gingerich & Cappetta, 2014.
Schlüsselwörter: Wirbeltiere, Fische, Schildkröten, Krokodile, Säugetiere, Eozän, Ypresium-Lutetium, Haunsberg, Österreich, Checkliste.
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Aus dem Archiv von geomnia
Harpactoxanthopsis quadrilobatus (DESMAREST, 1822)
Published online 2009 by A. M. Heyng, last modified 14-01-2022
In der Adelholzen Formation finden sich häufig Krebse der Art Harpactoxanthopsis quadrilobatus (DESMAREST, 1822) neben Fragmenten der Schwimmkrabbe Ranina sp. und weiteren Decapoden-Arten. Ihr Vorkommen reicht hier vom Hangenden des Schneckengraben Members (Glaukonitsandstein) bis zum Hangenden der Braunen Schicht (Rohrdorf Member; Fazies-Typ Bs 2). Besonders zahlreich trat Harpactoxanthopsis in den Fazies-Typen Dm 1 und Dm 2 des Fadengraben Members auf.
Ob der meist phantastischen Erhaltung mit artikulierten Extremitäten und Scheren und der hohen Transportempfindlichkeit von Dekapoden-Resten muß man annehmen, daß der Sedimentationsraum weitgehend auch dem Lebensraum entsprach. Zu diesem sei VOGELTANZ (1972:37) zitiert:
"Aus der Form der Extremitäten, die etwa jener der rezenten Ocypode aegyptica vergleichbar ist, geht hervor, daß die Art auf dem Sediment lief, vermutlich auch grabend und zeitweise über dem Wasserspiegel leben konnte."
Literatur
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Aus dem Archiv von geomnia
Conoclypus conoideus LESKE
Published online 2009 by A. M. Heyng, last modified 14-01-2022
Coronen des Seeigels Conoclypus conoideus (LESKE) sind aus Sedimenten des oberbayerischen Helvetikums seit langem bekannt. Im eozänen Süd- wie auch im Nordhelvetikum (vertreten durch die Adelholzen Formation) gehört diese großwüchsige Art zu den häufigen Funden.
In der Adelholzen Formation ist das Vorkommen von C. conoideus bisher vom Basalen Sandmergel (Nummulitenkoepfl Member) über den Assilinenmergel (Ramberg Member) bis zum Hangenden des Nummulitenkalkes (Hoellgraben Member) durch Funde belegt - oft nur durch Bruchstücke oder tektonisch verdrückte Exemplare (siehe Abbildungen).
Ab dem Glaukonitsandstein (Schneckengraben Member) bis ins Hangende des Discocyclinenmergels (Fadengraben Member) findet sich jedoch ausschließlich eine weitere Form der Gattung Conoclypus: Die Coronen sind hier allgemein kleiner, dünnschaliger, und scheinen spitzer auszulaufen als bei C. conoideus. Besonders zahlreich ist dieser Conoclypus sp. im Hangenden von Fazies-Typ Dm 1 und im Fazies-Typ Dm 2 des Discocyclinenmergels festzustellen.
Zum wahrscheinlichen Lebensraum von C. conoideus schreiben HAGN et. al. (1992:198): "Die kräftige, dickschalige Corona läßt auf eine tropische Flachsee schließen (...)." Diese dicke, robuste Corona ist demnach auch als Anpassung an einen hochenergetischen Lebensraum zu sehen. Bei Conoclypus sp. könnte es sich dementsprechend um eine an geringere Wasserenergie bzw. vielleicht auch tieferes Wasser angepasste Form handeln.
Literatur
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Aus dem Archiv von geomnia
Bilder aus dem Zementsteinbruch Rohrdorf
Die Slumps am "Bonhartköpfl" von Rohrdorf
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Aus dem Archiv von geomnia
Kartierung im Zementsteinbruch Rohrdorf
(2006-2007)
Published 2007 by A. M. Heyng & P. Havlik, updated 01-07-2021, last modified 14-01-2022
Zusammenfassung der Ergebnisse
Die helvetischen Sedimente im Zementsteinbruch Rohrdorf sind im erheblichen Maße von der Alpenorogenese tektonisch beansprucht. Es finden sich gleichermaßen Anzeichen von Kompressionstektonik (Auffaltung mit nach Süden abtauchenden Falten, in W-E-Richtung aufgefaltet) als auch Extensionstektonik (mehrere Abschiebungsflächen im Südteil, welche steil nach Süden einfallen). Das allgemeine Schichtfallen ist gen Süden.
Im südlichen Teil des Rohrdorfer Steinbruches fallen einzelne Stapel von steil gestellten Stockletten mit eingelagerten Corallinaceen-Schuttkalk-Bänken in Richtung S mit Werten von 45 bis 70° ein. In W-E-Richtung streichende Abschiebungsflächen führen zu einer Verdoppelung der einzelnen Corallinaceenschuttkalk-Bänke. Dies ist jedoch nicht eindeutig zu belegen, da sich die entsprechenden Bewegungsflächen in den überwiegend tonigen Stockletten befinden und somit kaum nachgewiesen werden können.
Im südwestlichen Teil findet sich eine nach Süden abtauchende flache Synklinale, deren Faltenachse in Richtung NW-SE verläuft.
Am Osthang des Nummulitenköpfls ist eine große Abschiebung aufgeschlossen (Abb. 1), deren Versatz mindestens 50m beträgt, und durch die Gesteine der Adelholzen Formation und Corallinaceen-Schuttkalke (grobkörnige Fazies) in die Stockletten eingeschuppt wurden. Die Störungsfläche fällt mit 344/72 ein. Vermutlich bildet ein Störungsband nördlich des Bonhardköpfls die Verlängerung dieses Systems.
Die Korrelierbarkeit der einzelnen Corallinaceenschuttkalk-Bänke ist nur bedingt gegeben. Durch intensive Tektonik insbesondere innerhalb der Stockletten sind zahlreiche Störungssysteme nicht eindeutig auszuwerten. Daher ist auch eine Rückrotation der Schichten (die ursprünglich aus nördlicher Richtung in den helvetischen Trog geschüttet wurden) nicht möglich. Allerdings sind einige der Bänke lithologisch und sedimentologisch sehr charakteristisch, so dass über diese Merkmale und die unterschiedlichen Bank-Mächtigkeiten einige Aussagen getroffen werden können:
Die Schuttkalke entlang der Südwand bilden vermutlich eine Einheit. Es handelt sich hier um eine sehr mächtige Schüttung, die aufgrund mehrerer Abschiebungen nach Norden teilweise verdoppelt wurde und durch laterale Versätze entlang von Störungssystemen, welche auf der aufschlusslosen Grubensohle vermutet werden, N-S-Versätze von mehreren Zehnermetern zeigen.
Im Nordwesten der Grube findet sich eine Abfolge zweigeteilter, geringmächtiger (maximale Mächtigkeit ca. 1,5m) Corallinaceenschuttkalk-Bänke, welche vermutlich denen im Osten entprechen. Dort waren auch im Herbst 2006 einige dextrale Verschiebungen aufgeschlossen.
Im Überblick zeigt sich eine tektonische Entwicklung, die mit einer Stapelung der Sedimente beginnt, welches an der Südwand des Steinbruches gut dokumentiert ist. Hinzu kommt eine SW-NE-gerichtete Kompressionstektonik in der Falte im SW-Teil des Gebietes. In jüngerer Zeit bildeten sich die Abschiebungsflächen im mittleren Südteil des Steinbruches nach Norden (Extension).
Das Untersuchungsgebiet entspricht somit im tektonischen Bau weitgehend der Grünten Decke, die das östlich der Iller ausstreichende Allgäuer Helvetikum umfasst. Sie ist in vergleichbarer tektonischer Ausprägung von einer kleinräumigen Stapelung der Schichten geprägt.
Abb. 1: Abschiebung am Osthang des Nummulitenköpfls. (Photo Heyng 2007)
Abb. 3: Tektonisch zerrüttete Corallinaceenschuttkalk-Bank am "Nummulitenköpfl". (Photo Heyng 2007)
Abb. 2: Slump-Fazies der Corallinaceenschutt-Kalke am "Bonhartköpfl". (Photo Heyng)
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